Kauf dich glücklich

KAUF DICH GLÜCKLICH! Da steht es groß!

Ich gehe durch die City von Frankfurt und komme an dieser Reklame vorbei und kann nicht widerstehen.

Mich glücklich kaufen,…endlich, das wärs doch!

Ich betrete den Laden und werde von weicher Musik und einem Duft begrüßt.
Da hüpft das Herz und das Auge schweift.

Ein ansprechendes Sortiment aus Kleidern, Wohn-Accessoires und billig Nippes. Die Hände greifen wie automatisch zu, betasten, wählen aus…kurzer Blick auf den Preis…aber längst ist ein Mechanismus eingetreten, der mein Hirn ausschaltet, denn Endorphine und Jagdtrieb jagen durch meine Adern.

Sätze wie aus der Werbung hüpfen durch mein Hirn: Gönn dir doch was! Du bist es dir wert! Sei gut zu dir!

Und Dinge, die ich vorher gar nicht kannte und auch nicht gebraucht hätte, wie z. B. ein Drucklufthemdenbügler, ein stylischer Wäschekorb mit ausklappbaren Beinen oder Olivenholzkochlöffel mit Keramikgriffen wecken die Sehnsucht in mir, sie haben zu müssen und eine Sehnsucht, die Minuten vorher noch nicht da war.
Ich komme mir vor wie fremdgesteuert. Was passiert hier?

Wie kommt es, dass man Dinge kauft, die man nicht wirklich braucht. Die später rumstehen und man wieder wegwirft oder bemerkt, dass man sie ja schon mal gekauft hat, nur vergessen hat, wo sie sind. Da gibt es Ecken in Wohnung und Keller, wo im Halbdunkeln Spontan- und Schnäppchenkäufe schlummern.

Ist es das Gefühl dazuzugehören? Sich etwas leisten zu können und sorgenfrei wieder wegzuwerfen? Teilzuhaben am Immer-Neuer, Immer-Besser, Immer-Bequemer. Sind der Kauf von Schnäppchen und Billigwaren der Kitt für unseren sozialen Frieden?

Ein Friede, der seinen Preis hat. Für ein schlichtes Nice-to-have und einen kurzen Glückskick im neuronalen Belohnungszentrum meines Käuferhirns werden ungeheuere Ressourcen verschleudert – auch menschliche.
Man kann sich vorstellen, wie viel eine Näherin verdient, wenn vier Baumwollkissen mit 49-Punkt-Steppung für 9,99 Euro zu haben sind. Tut man aber nicht. Denn sie passen so gut zu unseren Gartenmöbeln.

Es braucht das Wissen um Produktionszusammenhänge und ein starkes inneres Mitgefühl, dass unsere Umwelt, Tiere, Pflanzen, Menschen in anderen Ländern miteinschließt. Das Wegdrängen und Wegschauen fällt mir viel schwerer, wenn ich weiß, wie z. B. Kleider in Asien hergestellt werden.

Es braucht auch eine Gemeinschaft, die sich einig ist, dass es allen, auch mir selbst, aus tiefstem Herzen gut tut, Produkte zu wählen die fair hergestellt oder biologisch angebaut sind. Die einer Kreislauflaufwirtschaft entspringen, bei der sichergestellt ist, das sie reparierbar und später recyclebar sind.

Und es braucht einen ehrlichen Blick in mich selbst: Wir haben den Wunsch fremde Völker zu sehen, Völker, die eine tiefe Naturverbundenheit ausstrahlen, oft zusammen mit Schönheit und Schlichtheit. Wir wünschen uns selbst so zu sein, einfach, klar, frisch und unverstellt. Wir geben Unsummen aus, um dieser anderen Welt nah zu sein, doch der wahre Kern liegt darin, herauszufinden, wie ich liebevoll zu mir selbst sein kann. Aber das ist eine ganze andere Reise.

So stehe ich im ”Kauf dich glücklich“ Warenhaus, frage die Verkäufer*innen nach fair hergestellten Artikeln und komme ins Gespräch. „Sorry, das haben sie hier nicht.“ – Glücklich werde ich dann wohl woanders!!!!